In dem entschiedenen Fall hatte eine Partei die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs beantragt; dem Antrag war von dem Kammergericht stattgegeben worden. Die hiergegen gerichtete Rechtsbeschwerde wies der deutsche Bundesgerichtshof zurück.

Die Schiedsvereinbarung zwischen den Parteien enthielt u.a. den Passus:

Entscheidung und Schiedsspruch des Gerichts sind endgültig und bindend, ohne dass sie einer weiteren gerichtlichen Überprüfung unterliegen.

Nach deutschem Recht ist ein vor dem Erhalt des Schiedsspruchs erklärter genereller Verzicht auf die Befugnis, einen Aufhebungsantrag zu stellen, unwirksam, wie der Bundesgerichtshof unter Hinweis auf Literatur und Rechtsprechung ausführt.

Der Antragsgegner im Verfahren auf Vollstreckbarerklärung hatte zunächst den Fehler begangen, nicht fristgemäss einen Antrag auf Aufhebung des Schiedsspruchs zu stellen. Dieser hätte vorliegend auf § 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a Fall 2 ZPO, also das Argument, die Schiedsvereinbarung sei wegen des dort geregelten Ausschlusses der Möglichkeit gerichtlicher Überprüfung ungültig, gestützt werden können. Indes muss ein solcher Antrag nach § 1059 Abs. 3 S. 1, 2 ZPO binnen drei Monaten nach Empfang des Schiedsspruchs gestellt werden. Wird die Frist versäumt, kann nach § 1060 Abs. 2 S. 3 ZPO dieser Aufhebungsgrund nicht mehr berücksichtigt werden.

In dem Verfahren auf Vollstreckbarerklärung machte der Antragsgegner weder geltend, die Frist sei nicht abgelaufen noch berief er sich auf eine Parteivereinbarung, nach welcher die Frist nach § 1059 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 ZPO abbedungen worden sei – er nahm dort trotz mehrerer Fristverlängerungsanträge nicht einmal Stellung! Das Kammergericht prüfte deswegen den Exequatur-Antrag zu Recht nicht anhand § 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a Fall 2 ZPO.

Zu Recht weist der deutsche Bundesgerichtshof darauf hin, dem Antragsgegner könne auch das Argument, er sei von der Wirksamkeit des vertraglichen Ausschlusses der Aufhebung des Schiedsspruches durch staatliche Gerichte ausgegangen, nicht helfen – während der für eine derartige Aufhebung eröffneten dreimonatigen Frist könne man sich zu der Wirksamkeit einer solchen Klausel rechtlich beraten lassen. Da vor dem Kammergericht Anwaltszwang herrscht, erstaunt im Übrigen auch, dass den Rechtsvertretern des Antragsgegners der Gedanke an eine Unwirksamkeit der Schiedsklausel nicht gekommen ist – die entsprechende Rechtsprechung hätte ihnen bekannt sein müssen.

Der Bundesgerichtshof führt zudem unter Berufung auf zahlreiche Rechtsprechungs- und Literaturzitate aus, dass die Unwirksamkeit der Schiedsvereinbarung bereits im Schiedsverfahren selbst hätte gerügt werden müssen, was vorliegend ohne nachvollziehbaren Grund ebenfalls nicht geschah.

Zuletzt prüft der Bundesgerichtshof das Vorliegen einer ordre-public-Widrigkeit nach § 1059 Abs. 2 Nr. 2 lit. b ZPO. Diese kann, wie auch das entscheidende Gericht betont, gegen die Vollstreckbarerklärung ohne Ausschluss-Fristen geltend gemacht werden.

Zu Recht argumentiert der Bundesgerichtshof aber, dass zwar der Ausschluss der Geltendmachung von Aufhebungsgründen rechtlich unzulässig sei und auch die durch § 1062 Abs. 1 Nr. 4 ZPO eröffnete Möglichkeit zur Überprüfung eines Schiedsspruchs durch die staatliche Gerichtsbarkeit in den durch § 1059 Abs. 2 ZPO gezogenen Grenzen zu den elementaren Grundlagen der deutschen Rechtsordnung gehöre, die gerichtliche Geltendmachung der Aufhebungsgründe aber wegen der Unwirksamkeit einer entgegenstehenden Vereinbarung jederzeit möglich sei. Eine Aufhebung des Schiedsspruches könne also ungeachtet der Klausel geltend gemacht werden. Sieht eine Partei dennoch von der Anrufung staatlicher Gerichte ab, führe die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs nicht (mehr) zu einem Ergebnis, das dem ordre public widerspricht. Dem ist uneingeschränkt zuzustimmen: wenn das Gesetz zulässigerweise die Klärung bestimmter Fragen an die Einhaltung von Fristen knüpft, so gibt die Partei, die die Klärung dennoch unterlässt, zu verstehen, dass sie den Einwand nicht erhebt und, im Falle der Aufhebungsgründe, davon ausgeht, diese lägen nicht vor. Wenn sie aber den Schiedsspruch deswegen für richtig hält, kann eine Berufung auf eine ordre-public-Widrigkeit nicht mehr in Betracht kommen. Zudem verdient die Argumentation des Bundesgerichtshofs Zustimmung, weil die Geltendmachung der ordre-public-Widrigkeit nicht als Umgehungstatbestand genutzt werden darf, die nur dazu dient, Versäumnisse einer Partei bei der Geltendmachung vorgängiger, fristgebundener Rechtsbehelfe quasi zu heilen und so die Fristen zu umgehen, die der Gesetzgeber vorsieht, um ab einem bestimmten Zeitpunkt Rechtssicherheit durch danach bestehende Unanfechtbarkeit zu erzielen. Ein Ziel, das gerade im Bereich der Schiedsgerichtsbarkeit wichtig ist, da zu deren grossen Vorteilen die Schnelligkeit der Entscheidungsfindung zählt.

Den Vorwurf, das Kammergericht hätte im Rahmen eines richterlichen Hinweises nach § 139 ZPO auf den Aufhebungsgrund hinweisen müssen, mangels dessen der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 ZPO) verletzt sei, kontert der Bundesgerichtshof mit dem Hinweis, dass bei Anrufung des Kammergerichts kein Anhaltspunkt dafür vorlag, dass der Aufhebungsgrund nach § 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a Fall 2 ZPO noch hätte geltend gemacht werden können und eine ordre-public-Widrigkeit nicht zu bejahen war. Ebenfalls zutreffend betont der Bundesgerichtshof, dass es Sache des Antragsgegners gewesen wäre, den Aufhebungsgrund geltend zu machen und die für dessen Prüfung erforderlichen Tatsachen substantiiert geltend zu machen.

Zur Begründung einer ordre-public-Widrigkeit hatte der Antragsgegner des Weiteren eingewandt, während des Schiedsverfahrens sei die Abtretung der streitbefangenen Forderung erfolgt, der Kläger habe aber die Klage nicht auf Zahlung an die Zessionarin umgestellt; das Schiedsgericht habe den Antragsgegner deswegen ungeachtet der offengelegten Abtretung zur Zahlung an die Antragstellerin verurteilt. Dies führe nicht zu einer ordre-public-Widrigkeit der Entscheidung, da sich der Antragsgegner ohne Weiteres gegen eine doppelte Inanspruchnahme schützen könne, einerseits durch Hinterlegung des Betrages, andererseits durch eine nach § 409 Abs. 1 BGB gegenüber der Antragstellerin wirksame Zahlung an die Zessionarin.

Fazit: eine gut begründete Entscheidung des deutschen Bundesgerichtshofs, die einer ausufernden Anwendung des ordre-public-Grundsatzes einen Riegel vorschiebt.

Thorsten Vogl
Rechtsassessor
Mitglied des Vorstands
sgo@eclipso.ch